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Mehrwertsteuersenkung für Freelancer

8. Juli 2020 / 6 Min /

Um die ökonomischen Folgen der Corona-Krise abzufedern und die Wirtschaft wieder anzukurbeln, hat die große Koalition Ende Juni ein umfangreiches Konjunkturpaket verabschiedet. Der wohl weitreichendste Punkt darin ist die Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent (bzw. von 7 auf 5 Prozent) für die Periode vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020. Doch was bedeutet das für Sie als Freelancer?

ℹ️ Da mit Mehrwertsteuer umgangssprachlich auch die Umsatzsteuer gemeint ist, verwenden wir die Begriffe Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer in diesem Artikel synonym.

Wer ist von der Senkung der Mehrwertsteuer betroffen?

Die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung betrifft neben den Konsumenten so gut wie alle Unternehmen, Selbständige und Freelancer, die ihren Kunden Rechnungen ausstellen. Von der Mehrwertsteuersenkung nicht direkt betroffen sind Kleinunternehmer, die gemäss §19 des UStG Kleinunternehmerrechnungen schreiben und keine Mehr- bzw. Umsatzsteuer ausweisen müssen.

Gehören Sie nicht zu den Freelancern, die unter die Kleinunternehmerregelung fallen, dann sind Sie dazu verpflichtet, auf Ihren Rechnungen die Umsatzsteuer auszuweisen. Aufgrund der nun beschlossenen Mehrwertsteuersenkung müssen Sie also ihre Rechnungen anpassen.

Zwei Mehrwertsteuersätze

Grundsätzlich gibt es zwei Mehrwertsteuersätze in Deutschland – den normalen zu 19 Prozent – der jetzt auf 16 Prozent gesenkt wird, und den ermäßigten zu 7 Prozent – der jetzt auf 5 Prozent reduziert wird. Die Mehrheit aller Waren und Dienstleistungen werden zum normalen Mehrwertsteuersatz besteuert. Der ermässigte Steuersatz kommt prinzipiell bei Produkten und Dienstleistungen wie Lebensmitteln, Büchern, Zeitungen, Kunstgegenständen oder Hotelübernachtungen zum Einsatz. Aber auch urheberrechtlich geschützte Texte fallen unter diesen Steuersatz.

Wenn Sie als Freelancer bereits wissen, unter welchen Satz Ihre Leistungen fallen, dann können Sie Ihre Rechnungen entsprechend – also von 19 auf 16 Prozent oder von 7 auf 5 Prozent – anpassen. Sollten Sie noch nicht wissen, welchen Satz sie anwenden müssen, kann Ihnen das zuständige Finanzamt oder Ihr Steuerberater Auskunft geben.

Die Mehrwertsteuer ist eine der Pflichtangaben auf Rechnungen.

Die Mehrwertsteuer als Freelancer

Freelancer stellen für ihre erbrachten Leistungen in Projekten eine Rechnung. Durch die Einnahmen erzielen sie Umsätze. Diese Umsätze müssen von den Freelancern besteuert werden. Die Umsatzsteuer – umgangssprachlich auch Mehrwertsteuer genannt – wird daher in den Rechnungen inkludiert. Freelancer sind verpflichtet, neben der Umsatzsteuererklärung auch die Umsatzsteuereinnahmen regelmäßig ans Finanzamt zu übermitteln.

Da Unternehmen untereinander nicht von der Mehrwertsteuer belastet werden, können Sie als Freelancer bei Rechnungen, die andere Unternehmen an Sie ausstellen, die ausgewiesene Mehrwertsteuer (Vorsteuer) abziehen. Bei der Berechnung ihrer Umsatzsteuerschuld ans Finanzamt wird dann die Vorsteuer aus Ihren Ausgaben von der Umsatzsteuer aus Ihren Einnahmen abgezogen. Dies ergibt den ans Finanzamt zu überweisenden Betrag.

Wichtig: Nicht nur auf Ihren eigenen Rechnungen muss der korrekte Mehrwertsteuersatz angegeben sein, sondern auch auf den Rechnungen von anderen Unternehmen. Sollten Sie eine Rechnung mit falscher Mehrwertsteuer erhalten, sind Sie berechtigt, diese zurückzuweisen und eine Korrektur zu verlangen. Denn nur bei korrekten Mehrwertsteuerangaben darf auch die Vorsteuer abgezogen werden.

Die Umsatzsteuervoranmeldung

Freelancer, die nicht der Kleinunternehmerregelung unterstehen, müssen in der Regel ihre Umsatzsteuer voranmelden. In dem ELSTER Online-Formular des Finanzamtes werden die monatlichen Mehrwertsteuer-Einkünfte und die Vorsteuer der Ausgaben ausgewiesen. Die Umsatzsteuervoranmeldung muss bis jeweils am 10. des Folgemonats erledigt werden.

Das bedeutet, dass die erste Umsatzsteuervoranmeldung mit den neuen (16 bzw. 5 Prozent) Mehrwertsteuersätzen am 10. August 2020 fällig ist. Die letzte UstVA mit den gesenkten Steuersätzen wird dann voraussichtlich am 10. Januar 2021 fällig – anschließend gelten nach aktueller Regelung wieder die ursprünglichen MwSt.-Sätze von 19 bzw. 7 Prozent. Die Umsatzsteuer wird weiterhin monatlich, pro Quartal oder jährlich bezahlt – je nach bisherigem Usus.

Wann muss die Senkung der MwSt auf den Rechnungen angegeben werden?

Aber welchen Umsatzsteuersatz muss ich jetzt ausweisen? Ganz einfach: bei Dienstverträgen gilt der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung, bei Werkverträgen der Zeitpunkt der Abnahme der Leistung, der die Entstehung der Umsatzsteuer definiert.

Für Leistungen, die bis und mit 30. Juni 2020 erbracht bzw. abgenommen wurden, gelten also noch die «alten» Mehrwertsteuersätze von 19 bzw. 7 Prozent. Für Leistungen ab dem 1. Juli bis und mit dem 31.Dezember 2020 gelten die gesenkten Steuersätze von 16 bzw. 5 Prozent. Aktuell lautet die Regelung so, dass ab dem 1. Januar 2021 wieder die «alten» Steuersätze gelten, folglich sind Leistungen, die nach dem 1. Januar 2021 erbracht wurden, wieder mit den höheren Mehrwertsteuersätzen zu verrechnen.

Anzahlungen haben übrigens keinen Einfluss auf die Höhe der Mehrwertsteuer – auch hier gilt das Datum der Leistungserbringung bzw. der Abnahme der Leistung.

Komplizierter wird es jedoch bei fortlaufenden Aufträgen, bei denen die Erbringung nicht genau definiert werden kann – bei fortlaufenden Coaching-Aufträgen beispielsweise. Hier können evtl. Teilleistungen abgerechnet werden, um die verschiedenen Mehrwertsteuersätze zu berücksichtigen. Die Umsatzsteuer entsteht hierbei zum Zeitpunkt der Erbringung der Teilleistung. Diese Abrechnung ist allerdings nur möglich, wenn beide Vertragsparteien dieser zugestimmt haben. Bei bestehenden Verträgen beispielsweise, müssten diese nachträglich angepasst werden. Bei Unklarheiten empfiehlt es sich, bei der Abrechnung der Umsatzsteuer in solchen Fällen einen Steuerberater beizuziehen, um sicher zu gehen, dass alles stimmt.

Die Mehrwertsteuersenkung und der Stundensatz

In der Regel hat die Mehrwertsteuer bei Freelancern keinen Einfluss auf die Berechnung des Stundensatzes. Diese wird erst am Ende auf das Total der abgerechneten Stunden addiert. In dem Fall müssen Freelancer lediglich daran denken, die Mehrwertsteuer anteilig zum richtigen Datum anzupassen und zu berechnen. Sollte die Mehrwertsteuer Teil des Stundensatzes bzw. des angegebenen Preises sein, muss dieser ab den entsprechenden Stichtagen neu berechnet und angegeben werden.

Fazit

Generell gilt, dass für Leistungen, die bis zum 30. Juni erbracht wurden, die bisherigen Mehrwertsteuersätze von 19 bzw. 7 Prozent gelten. Für Leistungen, deren Erbringung zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2020 liegen, gelten die gesenkten Mehrwertsteuersätze von 16 bzw. 5 Prozent. Gemäss der aktuellen Regelung sollen ab dem 1. Januar 2021 dann wieder die «alten» Mehrwertsteuersätze von 19 bzw. 7 Prozent gelten.

Freelancer müssen daher daran denken, ihre Rechnungen entsprechend anzupassen. Maßgebend für den auszuweisenden Steuersatz ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. Abnahme der Leistung.

Freelancer, die nicht der Kleinunternehmerregelung unterstehen, müssen die erste Umsatzsteuervoranmeldung mit den neuen Steuersätzen bis spätestens 10. August 2020 einreichen. Die letzte UstVA mit den gesenkten Sätzen ist dann zum 10. Januar 2021 fällig.

Natürlich gibt es weiter Sonderfälle und Spezialsituationen, die zu Fragen führen können. Hier können das Finanzamt und der Steuerberater am besten und auf den jeweiligen Fall zugeschnittene Antworten liefern.

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